Substitution in der EU heute weit verbreitet
Die Substitutionstherapie bei
problematischen Drogenkonsumenten ist
in der Europäischen Union (EU) heute
weit verbreitet. Erste Versuche –
hauptsächlich mit Methadon – begannen
Ende der 60er-Jahre, vor allem in
Nordeuropa. Bis Mitte der 90er-Jahre
war die Drogensubstitution in allen
EU-Mitgliedstaaten umgesetzt worden.
Europaweit herrscht heute überwiegend
Konsens bezüglich des Nutzens dieser
Therapieform. Dennoch ist sie in einigen
Ländern nach wie vor ein heikles Thema.

Wissenschaftliche Nachweise lassen
darauf schließen, dass mithilfe der
Substitutionstherapie Kriminalität,
Infektionskrankheiten und
drogenbedingte Todesfälle reduziert und
das körperliche, seelische und soziale
Wohlbefinden von abhängigen
Drogenkonsumenten verbessert werden
können. Als Gegenargument wird jedoch
angeführt, sie biete keine Heilung,
sondern sei lediglich eine halbherzige
Maßnahme, die das Problem des
Drogenkonsums nicht tatsächlich löse.
Die EBDD ist der Auffassung, dass sich die
politische Debatte über dieses Thema
nicht nur auf die Vor- und Nachteile
erstrecken sollte.

Die Substitutionstherapie
sollte vielmehr als ein Element innerhalb
eines ganzen Bündels von Maßnahmen
gegen das Problem des Drogenkonsums
gesehen werden, zu dem auch die
drogenfreie Therapie zählt.

Schätzungen zufolge erhalten
weltweit ungefähr eine halbe
Million Drogenkonsumenten eine
Substitutionstherapie. Davon
befinden sich mehr als 300 000 in
Europa und schätzungsweise
110 000 in den USA [1].
Methadon ist immer noch die am
häufigsten verwendete Substanz, obwohl
sie längst nicht mehr die Einzige ist.
In Frankreich ist Buprenorphin
vorherrschend. Andere EU-Mitgliedstaaten
haben Versuche mit Substanzen wie
Dihydrocodein, Morphin mit verzögerter
Wirkung und Levo-Alpha-Acetyl-Methadol
(LAAM) durchgeführt. Auf Empfehlung
der Europäischen Agentur für die
Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA)

wird LAAM aufgrund des Auftretens von
lebensbedrohlichen Herz-Kreislauf-
Erkrankungen unter den in LAAM-
Therapie befindlichen Personen nun
jedoch nicht mehr eingesetzt.
Die Verwendung von Heroin bei
stabilisierten chronischen
Opiatkonsumenten wird seit 1997 in den
Niederlanden und seit kurzem auch in
Deutschland untersucht und ist in
anderen Mitgliedstaaten im Gespräch.
Im Vereinigten Königreich wird Heroin
selektiv in kleinem Umfang schon seit
einigen Jahrzehnten verschrieben.

Fakten, Zahlen und Untersuchungen sind
natürlich Voraussetzung für eine rationale
Erörterung dieser Thematik.
Bis vor kurzem waren aktuelle Daten auf
EU-Ebene über die Evaluation und
Qualität von Substitutionstherapien
Mangelware.

Dann veröffentlichte die EBDD Ende 2000
in ihrer Reihe Insights: Reviewing current
practice in drug-substitution treatment in
the European Union [1] jedoch einen
umfassenden Überblick über die jüngste
Praxis der Drogensubstitution.

Definition:

Die Substitutionstherapie ist eine Form der medizinischen
Fürsorge für Opiatabhängige (insbesondere Heroinabhängige), die auf der
Verabreichung einer Substanz beruht, die der bislang eingenommenen Droge
ähnlich oder mit ihr identisch ist. Sie wird in zwei Formen durchgeführt: als
Erhaltungstherapie – durch Verabreichung einer ausreichenden Dosis zur
Vermeidung des Risikoverhaltens bzw. gesundheitsschädigenden Verhaltens –
und als Entgiftung – durch stufenweise Herabsetzung der Dosis bis auf null.
Die Therapie kann mit oder ohne psychosoziale Unterstützung erfolgen.
Wichtige politische Themen auf einen Blick
1. Die Substitutionstherapie ist wesentlicher Bestandteil eines umfassenden
Ansatzes zur Drogentherapie. Sie kann dazu beitragen, das Risiko einer
HIV-Infektion oder Überdosis zu reduzieren und den Konsum legaler und
illegaler Drogen und die drogenbedingte Kriminalität zu verringern.
2. Es spricht einiges dafür, die Substitutionstherapie durch psychosoziale Fürsorge
zu unterstützen. In der Praxis fehlen diese Programme jedoch häufig, und der
Schwerpunkt liegt mehr auf der Substitution als auf der Therapie.
3. Die derzeit verwendeten Substanzen sind u. a. Methadon, Buprenorphin,
Dihydrocodein, Morphin mit verzögerter Wirkung und Heroin. In nahezu allen
EU-Mitgliedstaaten ist eine Substanz vorherrschend. Insgesamt wird
Methadon am häufigsten eingesetzt. Um optimale Ergebnisse zu erzielen,
sollte sowohl die Auswahl der Substanz als auch deren Dosierung auf den
jeweiligen Betroffenen abgestimmt werden.
4. Der Zugang zur Substitutionstherapie ist in der EU sehr unterschiedlich.
Einige Länder und Programme beschränken den Zugang anhand strenger
Kriterien („hochschwelliger“ Zugang). Andere fordern als einzige
Zugangsvoraussetzung die Opiatabhängigkeit („niedrigschwelliger“ Zugang).
5. In den meisten EU-Ländern wird die Substitutionstherapie entweder von
praktischen Ärzten oder von Fachzentren durchgeführt. Eine Kombination aus
beiden wäre optimal. Es muss jedoch dafür Sorge getragen werden, dass kein
Abzweigen der Substanzen für den illegalen Konsum stattfindet, indem sich
Abhängige aus verschiedenen Quellen Verschreibungen beschaffen und dann
mit diesen Drogen handeln.
6. Der geschätzte Anteil der problematischen Opiatkonsumenten, die sich in der
EU in Substitutionstherapie befinden, schwankt zwischen einem Tiefstwert von
ungefähr 10 % und einem Höchstwert von über 50 % (siehe Tabelle 1, S. 3) [2].
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Überblick über die Substitutionstherapie

1. Ein wesentlicher
Bestandteil von
Drogentherapiesystemen
Es ist hinlänglich belegt, dass eine
Substitutionstherapie dazu beitragen
kann, die HIV-Übertragung, den
Drogenkonsum, das Risiko einer
Überdosis und die drogenbedingte
Kriminalität zu reduzieren sowie den
allgemeinen Gesundheitszustand der
Abhängigen zu verbessern. Eine
umfassende Literaturdurchsicht [3]
erbrachte das Ergebnis, dass die Rate von
HIV-Infektionen und Aids durch die
Methadontherapie dramatisch gesenkt
werden kann. Auch die Häufigkeit von
Heroininjektionen, die gemeinsame
Benutzung des Drogenbestecks und
die Arbeit in der Beschaffungsprostitution
können verringert werden. Eine deutsche
Vierjahresstudie [4] über eine ambulante
Methadontherapie hat gezeigt, dass der
Drogenkonsum abnahm, während sich
die sozialen Fertigkeiten und Beziehungen
verbesserten. Eine Evaluation der
Methadonsubstitution in Athen [5] zeigte
eine starke Abnahme des parallelen
Konsums von Heroin.

„In vielen Ländern hat sich die
Substitutionstherapie – nach
anfänglichem Widerstand – als
Maßnahme gegen das mit dem
intravenösen Konsum von Opiaten und
anderen Drogen verbundene Risiko einer
HIV-Infektion entwickelt. Ihr Nutzen ist
unter Beweis gestellt worden.
Neben anderen Maßnahmen zur
Schadensminimierung und einem
geschärften Bewusstsein hat sie Ende der
90er-Jahre in den meisten EU-Ländern
zur Eindämmung neuer HIV-Fälle unter
injizierenden Drogenkonsumenten
beigetragen.“

2. Substitution statt
Therapie?
Die Rechtsvorschriften zur
Substitutionstherapie in den meisten
EU-Ländern sehen vor, dass diese durch
psychosoziale Fürsorge unterstützt
werden sollte. Die Forschung zeigt, dass
die positiven Effekte der Therapie zum
Großteil auf solche Programme
zurückzuführen sind. Doch Theorie und
Praxis klaffen nur allzu oft auseinander –
der Schwerpunkt liegt häufig eher auf der
Substitution als auf der Therapie. Der
Bedarf an psychosozialer Fürsorge wird
durch Erkenntnisse aus der Forschung
belegt, denen zufolge Klienten in
Methadontherapie, wie andere
Drogenabhängige auch, einem
besonderen Risiko gegenüber psychischen
Erkrankungen und anderen

Gesundheitsproblemen sowie sozialer
Verelendung ausgesetzt sind [6].
Es sollte untersucht werden, inwieweit
die psychosoziale Fürsorge beim
Fortschreiten der Drogenkonsumenten
von Abhängigkeit zu Abstinenz
möglicherweise eine Katalysatorrolle spielt.

Die Versorgungsmöglichkeit von
Drogenkonsumenten mit psychischen
Gesundheitsproblemen hängt von den
Verbindungen zwischen psychiatrischen
Einrichtungen und Drogenfachstellen ab.
In einigen Ländern sind gute
Verbindungen mit spezialisierten
Dualdiagnose-Abteilungen hergestellt
worden. In anderen Ländern sind die
Verbindungen zwischen den betreffenden
Diensten weniger gut.

„Die Drogentherapie zielt darauf
ab, den Betroffenen zu
ermöglichen, die Kontrolle über
ihr Leben wiederzuerlangen.
Fachkräfte müssen fortlaufend
einschätzen, inwieweit die
Klienten, die
Ersatzverschreibungen erhalten,
bereit sind, durch einen
Entgiftungsprozess drogenfrei zu
werden. Die Bereitstellung
psychosozialer und praktischer
Hilfe während dieses Prozesses
ist besonders wichtig.“

3. Welche Ersatzsubstanzen
werden verwendet?
Nahezu alle EU-Mitgliedstaaten
verwenden eine vorherrschende
Ersatzsubstanz anstatt einer breiten
Palette von Substanzen [7]. Über 90 %
der Opiatsubstitution erfolgt in Form von
Methadon, außer in Frankreich, wo
überwiegend Buprenorphin verwendet
wird. EU-weit stieg die geschätzte Anzahl
von Drogenkonsumenten unter
Methadontherapie zwischen 1993 und
1997 um das Sechsfache an [1].

Die Ersatzsubstanzen haben
unterschiedliche Eigenschaften.
Buprenorphin birgt nicht die Gefahr einer
Überdosis; außerdem hemmt es die
Effekte eines parallelen Heroinkonsums.
Methadon hingegen ist einfach zu
verabreichen und kostengünstig – etwa 9
EUR pro Person pro Woche, im Vergleich
zu 65 EUR für Buprenorphin. Einige
Experten ziehen Buprenorphin für jüngere
Drogenkonsumenten und Methadon für
die langfristige Therapie älterer
Konsumenten vor. Buprenorphin scheint
auch besser für schwangere Frauen
geeignet zu sein und bei den

Neugeborenen weniger Probleme als
Methadon zu verursachen.
Herointherapieversuche laufen in
Deutschland und in den Niederlanden
und sind in anderen EU-Mitgliedstaaten
im Gespräch. Hierbei wird extrem
problematischen Heroinkonsumenten ihre
ursprüngliche Droge unter medizinisch
kontrollierten Bedingungen bereitgestellt.
Es ist bei allen Ersatzsubstanzen wichtig,
die Substitutionsdosis an die bisherige
Höhe des Drogenkonsums des Einzelnen
anzupassen.

4. Wie zugänglich ist die
Substitutionstherapie?
Trotz einer allgemeinen Ausweitung der
Substitutionstherapie in den letzten zehn
Jahren ist der Zugang zu ihr innerhalb der
EU weiterhin uneinheitlich. So scheint der
Erfassungsbereich in Griechenland,
Norwegen, Finnland und Schweden
begrenzt.

Die Substitution erfolgt fast ausschließlich
auf ambulanter Basis. Dies hat den
Vorteil, dass es kostengünstig ist und den
Drogenkonsumenten ermöglicht, ein
normales Alltagsleben zu führen.
Die Klienten, die sich in
Substitutionstherapie befinden, reichen
von relativ gut funktionierenden, häufig
berufstätigen Personen bis hin zu
marginalisierten und extrem
benachteiligten Drogenabhängigen auf
der Straße. Folglich benötigen manche
Klienten möglicherweise mehr Fürsorge,
als die ambulante Substitutionstherapie
leisten kann.

Die Zulassungskriterien unterscheiden sich
von einem EU-Land zum anderen
erheblich. Einige Programme und einige
Mitgliedstaaten – beispielsweise
Griechenland und Schweden – verfügen
über hochschwellige Dienste, die das
Alter, die Dauer der Drogenabhängigkeit,
die Anzahl der erfolglosen Therapien usw.
mit einbeziehen. Andere Mitgliedstaaten,
wie Dänemark, Spanien, Italien und die
Niederlande, schreiben als
Zugangskriterien lediglich
Opiatabhängigkeit und Therapiewunsch
vor. Durch den hochschwelligen Ansatz
werden Menschen mit ähnlichen
Problemen und Bedürfnissen erreicht;
dabei können allerdings diejenigen
ausgeschlossen werden, die zwar Hilfe
benötigen, den Zulassungskriterien jedoch
nicht entsprechen. Durch die
niedrigschwellige Methode werden die
meisten potenziellen Klienten erreicht,
wobei deren weit auseinander klaffende
Bedürfnisse jedoch nicht immer erfüllt
werden können. Idealerweise sollten
beide einander ergänzen. Auch bei der
Verfügbarkeit der Substitutionstherapie
in Haftanstalten gibt es sehr große
Unterschiede.

Land Geschätzte Prävalenz des Geschätzte Anzahl von Patienten

Belgien 20 200 7 000 (1996) 35 (3)
Dänemark 12 752-15 248 4 398 (4 298 Methadon, 100 Buprenorphin) 27-34
(1. Januar 1999) (4)
Deutschland 80 000-152 000 50 000 (2001) (4) 33-63
Griechenland keine Daten verfügbar 966 (1. Januar 2000) (4) –
Spanien 83 972-177 756 72 236 erhielten Methadon (1999) 41-86
Frankreich 142 000-176 000 71 260 (62 900 erhielten Buprenorphin
und 8 360 erhielten Methadon (Dezember 1999) (4) 40-50
Irland 4 694-14 804 5 032 (31. Dezember 2000) (4) 34-100 (5)
Italien 277 000-303 000 80 459 (1999) (4) 27-29
Luxemburg 1 900-2 220 864 [164 im offiziellen Programm und +/-700 38-45
Verschreibungen von Mephenon® (Methadon in
Pillenform) von praktischen Ärzten; 2000] (4)
Niederlande 25 000-29 000 11 676 (1997) 40-47
Österreich 15 984-18 731 4 232 (1. Januar 2000) (4) 23-26
Portugal 18 450-86 800 6 040 (1. Januar 2000) 7-33
Finnland 1 800-2 700 (6) 240 (170 Buprenorphin und 70 Methadon) 9-13
Schweden 1 700-3 350 (6) 621 (31. Mai 2000) (4) 19-37
Vereinigtes 88 900-341 423 (7) 19 630 6-22
Königreich
Norwegen 9 000-13 000 1 100 (2001) 8-12

(1) Methoden zur Einschätzung des problematischen Drogenkonsums schwanken erheblich zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Weitere Einzelheiten zur nationalen
Prävalenz und zum problematischen Drogenkonsum siehe den Abschnitt über problematischen Drogenkonsum in Kapitel 1 (Jahresbericht der EBDD 2001) sowie
die Online-Tabelle 1 OL unter: http://annualreport.emcdda.org
Schätzungen des problematischen Drogenkonsums beziehen sich hauptsächlich auf Opiumkonsumenten, außer für Finnland und Schweden, wo der
Amphetaminkonsum kennzeichnend ist. In den vorliegenden Schätzungen für Finnland und Schweden sind keine Amphetaminkonsumenten enthalten.
(2) Geschätzter Anteil der problematischen Drogenkonsumenten in Substitutionstherapie.
(3) Die Prävalenzziffer umfasst nur injizierende Drogenkonsumenten, was zu einer Überschätzung der Substitutionserfassungsrate führen könnte.
(4) Unmittelbar vom nationalen Knotenpunkt gesammelte Information.
(5) Eine Substitutionserfassungsrate von 100 % scheint nicht plausibel, was darauf schließen lässt, dass die Prävalenzschätzung von 4 694 die derzeitige Prävalenz
unterschätzen könnte.
(6) Nur Opiatkonsumenten.
(7) Genauere Daten für das Vereinigte Königreich: Prävalenz des problematischen Drogenkonsums (Opiate) = 162 000-244 000; Klienten in der Substitutionstherapie =
35 000; Erfassungsrate = 14-22 %.
5. Wie wird die
Substitutionstherapie
durchgeführt?
Im Allgemeinen wird die
Substitutionstherapie entweder von
praktischen Ärzten durchgeführt oder von
Fachzentren, die über Dienste verfügen,
die speziell auf die Bedürfnisse der
Drogenabhängigen zugeschnitten sind.
Beides hat seine Vorteile: Die praktischen
Ärzte bieten einen breiten geografischen
Erfassungsbereich, während Fachzentren
über beträchtliche Erfahrung und
Fachwissen verfügen. In nahezu allen
EU-Mitgliedstaaten konzentriert sich die
Therapie jedoch auf die eine oder andere
Alternative. Eine Kombination aus beiden

– sowie gleichzeitig die Einrichtung
eines Systems, um die Abzweigung der
Substanzen für illegale Zwecke zu
verhindern – könnte wirksamer sein.
Beides hat auch seine Nachteile: Die von
praktischen Ärzten angebotenen
Dienstleistungen schwanken
beträchtlich, und die Drogenabhängigen
könnten sich unter Stammpatienten
unwohl fühlen. Fachzentren wiederum
sind geografisch nicht gleichmäßig
verteilt, was zu Nachteilen für
Drogenkonsumenten in entlegenen
Regionen führen könnte.

6. Drogenkonsumenten in
Substitutionstherapie
Tabelle 1 zeigt Schätzungen der Anzahl
von problematischen Drogenkonsumenten
(hauptsächlich Opiatkonsumenten) in der
EU und die geschätzten Prozentsätze in
Substitutionstherapie. Letztere schwanken
erheblich zwischen den Mitgliedstaaten.
In einigen Ländern liegen sie bei nur ca.
10 %, währen sie in anderen 50 %
überschreiten. Es ist zu beachten, dass es
bei den Schätzungen des problematischen
Drogenkonsums immer noch an
Genauigkeit fehlt und sie nicht leicht zu
vergleichen sind. Ein niedriger

Erfassungsbereich bedeutet, dass eine
große Anzahl von Drogenkonsumenten
möglicherweise einem erhöhten Risiko
einer Überdosis, von Gesundheitsschäden,
HIV und anderen Infektionskrankheiten
sowie der sozialen Ausgrenzung
unterliegt.

Man darf jedoch nicht vergessen, dass die
Substitution nur bei der Bekämpfung des
Problems des Opiatkonsums von Nutzen
ist. Für den Amphetamin- oder
Kokainkonsum gibt es keine derartige
Lösung. In den nördlichen EU-
Mitgliedstaaten entstehen größere
Probleme durch Amphetamine als durch
Heroin, und in der EU im Allgemeinen
lässt sich der Kokainkonsum nicht
ignorieren.

Trotz der Ausweitung der Substitutionstherapie
in den letzten Jahren berichten
die meisten Mitgliedstaaten nach wie vor
über einen Mangel an Qualitätskontrolle,
Überwachung und Evaluation einzelner
Programme.

Januar-Februar 2002

Schlussfolgerungen
Substitutionstherapie – politische Erwägungen

In der vorliegenden Kurzinformation zur Drogenpolitik werden einige der heute über den Stand der Substitutionstherapie in
der EU zur Verfügung stehenden Schlüsseldaten und Evaluationen zusammengefasst und die wichtigsten Quellen für
diejenigen angegeben, die mehr darüber wissen möchten. Ausgehend von den derzeitigen Erkenntnissen könnten folgende
Schlussfolgerungen die Grundlage für zukünftige politische Erwägungen bilden:

1. Die Substitution sollte als Teil eines umfassenden Therapiesystems für Opiatabhängige erachtet werden. In Ländern mit
einem hohen Übertragungspotenzial durch intravenösen Drogenkonsum sollte sie eine Schlüsselkomponente von
HIV-Präventionsstrategien darstellen.
2. Sie sollte systematisch durch psychosoziale Begleitprogramme unterstützt werden.
3. Das Angebot sollte eine breitere und diversifiziertere Palette von Substanzen und Dosierungen umfassen, um dem Profil
des sich in Therapie begebenden Klienten zu entsprechen.
4. Die Substitutionstherapie sollte verfügbarer und zugänglicher gemacht werden, wobei sowohl niedrigschwellige als auch
hochschwellige Optionen im Rahmen eines ausgeglichenen Ansatzes angeboten werden sollten.
5. Sowohl praktische Ärzte als auch Fachzentren sollten an der Durchführung beteiligt sein.
6. Der Anteil der in Substitutionstherapie befindlichen problematischen Drogenkonsumenten sollte regelmäßig in den
einzelnen geografischen Regionen überprüft werden, um die Durchführung der Dienstleistungen zu überwachen.

[1] Europäische Beobachtungsstelle für
Drogen und Drogensucht (EBDD)
(2000), Reviewing current practice in drugsubstitution
treatment in the European
Union, EMCDDA Insights Nr. 3,
Amt für amtliche Veröffentlichungen der
Europäischen Gemeinschaften,
Luxemburg 2000.
(Enthält eine umfassende Bibliografie zum
Thema Substitutionstherapie.)

[2] Europäische Beobachtungsstelle für
Drogen und Drogensucht (EBDD)
(2001), Jahresbericht über den Stand der
Drogenproblematik in der Europäischen
Union 2001, Tabelle 1:
Substitutionsbehandlung bei
problematischen Drogenkonsumenten,
Amt für amtliche Veröffentlichungen der
Europäischen Gemeinschaften,
Luxemburg 2001, S. 33.

[3] Drucker, E., Lurie, P., Wodak, A.,
und Alcabes, P. (1998), „Measuring harm
reduction: the effects of needle and
syringe exchange programs and
methadone maintenance on the ecology
of HIV“. Aids, 12 (suppl. A),
S. 217-230.
[4] Küfner, H., Vogt, M., und Weiler, D.
(1999), Medizinische Rehabilitation und
Methadon-Substitution, Schneider Verlag
Hohengehren, Baltmannsweiler.

[5] EDDRA-Datenbankeintrag (2001),
Second unit of the methadone
substitution programme in Athens,
(http://www.reitox.emcdda.org:8008/
eddra), EBDD, Lissabon.

[6] Farrell, M., Howes, S., Taylor, C.,
Lewis, G., Jenkins, R., Bebbington, P.,
Jarvis, M., Brugha, T., Gill, B., und
Meltzer, H. (1998), „Substance misuse
and psychiatric co-morbidity: an overview
of the OPCS national psychiatric morbidity
survey“. Addictive Behaviors, 23, Nr. 6,
Elsevier Science Ltd., Oxford, S. 909-918.
[7] Europäische Beobachtungsstelle für
Drogen und Drogensucht (EBDD)
(2000), Jahresbericht über den Stand der
Drogenproblematik in der Europäischen
Union 2000, Tabelle 1: In der EU
verwendete Ersatzsubstanzen,
Amt für amtliche Veröffentlichungen der
Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg,
2000, S. 37.

OFFIZIELLER HERAUSGEBER: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften
© Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, 2002

DIREKTOR: Georges Estievenart
REDAKTION: Kathy Robertson, John Wright
AUTOREN: Margareta Nilson, Ulrik Solberg, Danilo Ballotta, Lucas Wiessing
GESTALTUNG: Dutton Merrifield, UK

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Ich habe das auch als File fuer die Tabellen: att_33470_DE_Dif01de